Donnerstag, 13. März 2025

Inge Müller: Daß ich nicht ersticke am Leisesein

Herausgegeben von Sonja Hilzinger


Buchinfo

Dieser Band mit überwiegend unveröffentlichtem Material präsentiert erstmals komplett ihre literarischen Texte. Er zeigt Inge Müllers Vielseitigkeit und die beeindruckende Kraft ihrer Stimme in den verschiedensten Genres. In atemloser, insistierender Dringlichkeit umkreisen ihre Gedichte, ihre Prosa und ihre dramatischen Arbeiten das zentrale Thema: das Trauma vom Krieg und Verschüttetsein. Daneben stehen präzise, bis ins Detail fixierte Beobachtungen des Alltags und der Umwelt, bei aller Schärfe voll Komik und Ironie. Die Sammlung bietet eine überraschende Entdeckung: das Gewicht der dramatischen Arbeiten, selbst unvollendeter Szenen, steht in nichts dem der Lyrik nach.

Die Herausgeberin Sonja Hilzinger hat den fragmentarischen Nachlaß Inge Müllers zu einem Mosaik geordnet, das ein so genaues Bild vom Werk Inge Müllers bietet, wie es heute möglich ist.

 

Inge Müller

 Inge Müller (13.03.1925 - 01.06.1966) wurde während des Zweiten Weltkrieges zum Reichsarbeitsdienst und als Luftwaffenhelferin eingezogen, verlor ihre Eltern bei einem Luftangriff und war in der Nachkriegszeit Sekretärin, Trümmerfrau, Arbeiterin, Journalistin und Volkskorrespondentin. Sie wurde Mitglied der SED und genoss ein privilegiertes und unbeschwertes Leben.

Als sie Heiner Müller heiratete, träumte sie von einer Arbeitsgemeinschaft auf gleicher Augenhöhe als freischaffende Schriftsteller. Doch ihr Mann betrachtete sie eher als Mitarbeiterin, aber nicht als gleichberechtigte Partnerin. Sie litt unter Depressionen, versuchte mehrmals, sich das Leben zu nehmen. Sie starb durch Medikamenteneinnahme und an einer Gasvergiftung.

Ihr Werk geriet in Vergessenheit, obwohl der Aufbau-Verlag versuchte, einen Band mit ihren Gedichten herauszugeben. Eine Selbstmörderin passte jedoch nicht ins Literaturbild der DDR-Politik. Und Heiner Müller? Der reklamierte für die Kollaborationen die alleinige Autorschaft.

Erst Ines Geipel stöberte den Nachlass von Inge Müller auf und machte ihn 1996 einer größeren Leserschaft zugänglich.


Bücher

Sonntag, 2. März 2025

Hermine Villinger: Aus unserer Zeit - Geschichten

Buchinfo

An dem Porzellanschild einer kleinen Parterrewohnung, in einem regen Geschäftsviertel der Stadt, war das Wörtchen von mit schwarzer Tinte so kräftig nachgezogen, daß der Name Feldern daneben sich beinahe unansehnlich ausnahm. Dies und der Umstand, daß Frau von Feldern auch beim Sprechen ihr von über alles Maß zu betonen pflegte, hatte der Familie die überaus kurze, aber vollwichtige Benennung Vons eingetragen. Man lächelte in der Nachbarschaft, wenn das Paar miteinander über die Straße ging; sie immer in schwarzer Seide, schlank und hager, mit Augen, die eigentlich sehr lebhaft waren, denen sie aber einen blasiert vornehmen Ausdruck zu geben bemüht war. Auch Herr von Feldern war schlank, er ging immer in Grau, trug einen schön gepflegten Backenbart und weiße glänzende Manschetten bis vor auf die Fingerspitzen. Dies war seine Haupteigentümlichkeit; im übrigen war er die Harmlosigkeit selbst und hatte nur ein einzigesmal in seinem Leben ausgeschlagen - damals, als er mit neunzehn Jahren als junger Fähnrich urplötzlich selbständig im Leben stand.
 

Hermine Villinger

Hermine Villinger (Pseudonyme: H. Wilfried, H. Willfried) wurde am 6. Februar 1849 in Freiburg im Breisgau als Hermine Anna Theresia Xaveria Villinger geboren. Sie war eine deutsche Schriftstellerin.

Sie besuchte die höhere Töchterschule und war Schülerin im Augustinerinnenkloster in Offenburg. In Karlsruhe fand sie Kontakt zum literarischen Kreis um Anna Ettlinger, sowie zum Theater. Sie besuchte das neugegründete Auguste-Victoria-Lyzeum in Berlin und wandte sich dann endgültig der Schriftstellerei zu. Sie war mit Marie von Ebner-Eschenbach und der Schauspielerin Luise Schönfeld-Neumann befreundet.

Hermine Villinger war eine erfolgreiche Verfasserin von Romanen, Erzählungen, Kinderbüchern und Theaterstücken. Die meisten ihrer vom Realismus beeinflussten Werke sind in ihrer badischen Heimat angesiedelt.


Am 3. März 1917 starb sie in Karlsruhe.