Freitag, 30. Mai 2025

Brigitte Reimann: Das grüne Licht der Steppen - Tagebuch einer Sibirienreise


 Herausgegeben und mit einem Vorwort von Julia Finkernagel
Mit einem Auszug aus dem privaten Tagebuch und Fotos von Thomas Billhardt
Reihe: Die Reise-Reihe gegen Fernweh
Verlag: Büchergilde, 2024


Buchinfo

In ihrem literarischen Tagebuch berichtet Brigitte Reimann über eines der eindrücklichsten Erlebnisse: ihre Reise nach Sibirien im Sommer 1964 mit einer Delegation des FDJ-Zentralrats. Mit all ihrer Begeisterungsfähigkeit und sinnlichen Beschreibungskunst schildert sie grandiose Landschaften und Menschen, die voller Elan und unter widrigsten Bedingungen Neues schaffen. Gleichzeitig entsteht eine Reportage über das Reisen schlechthin und ein Selbstporträt Brigitte Reimanns-


Buchbeginn

Hoyerswerda, 4.7.64

Gestern abend rief Kurt an: Pack deinen Koffer, Dienstag fliegen wir nach Sibirien. Eine Delegation vom Zentralrat, du wirst schreiben. Keine Ausreden, keine Bedenkzeit. Route: Moskau, Zelinograd, Nowosibirsk, Irkutsk, Bratsk, Moskau. Nimm ein paar Pullover mit, in Sibirien kann es kalt sein. (Bei Sibirien fällt mir ohnehin zuerst Kälte ein.) Und damit du es gleich weißt: Du mußt arbeiten bis zum Umfallen.


Zitate

"Zelinograd, 9.7.

In dem kurzen harten Steppengras standen Flugzeuge, Rumpf und Tragflächen grellsilbern vor dem von Hitze ausgebleichten Himmel - das war das erste Bild, und dann nur noch ,Himmel', ohne Begrenzung und ohne Horizonte, über einer graugrünen Ebene, an der sich kein Hügel, kein barmherziger Baum erhebt..."

"Der Platz vor dem Versammlungshaus war ein Sumpf; mir ist schon in Zelinograd aufgefallen, daß sich hier und da an der Straße und zwischen Häusern morastige Tümpel ausdehnen; die man gleichmütig durchwatet. Wahrscheinlich stören sie niemanden außer den befreundeten Gast - aber ich war nicht einmal befremdet, ich kenne diese Bilder aus meiner Stadt, deren Plätze sich bei Regenwetter in Seen verwandeln: nachlässige Projektierung für den Straßenbau, falsche Berechnung für Abfluß und Gefälle... der Bürger flucht und gewöhnt sich. Schlamperei, dauerhaft gemacht durch Geduld und Trägheit."

"Der moderne Wissenschaftler muß sich als Diener seines Volkes begreifen, und die Jugend muß verstehen lernen, daß die pünktlichen und ehrlichen Resultate ihrer Forschungen der Verbesserung der Lebensbedingungen des Volkes dienen, nicht zuerst dem persönlichen Ruhm und dem eigenen Bankkonto. Die Wissenschaft, hat Pawlow gesagt, fordert von einem Menschen das ganze Leben, und wenn er zwei Leben hätte, so reichten sie doch nicht aus, all das zu schaffen, was er sich vorgenommen hat."



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