Samstag, 2. August 2025

Ines Geipel: Umkämpfte Zone: Mein Bruder, der Osten und der Hass

Buchinfo

Woher kommt die große Wut im Osten?

Fremdenfeindlichkeit und Hass auf "den Staat": Verlieren wir den Osten Deutschlands? Das Buch sucht Antworten auf das Warum der Radikalisierung, ohne die aktuell bestimmende Opfererzählung nach 1989 zu bedienen. Es erzählt von den Schweigegeboten nach dem Ende der NS-Zeit, der Geschichtsklitterung der DDR und den politischen Umschreibungen nach der deutschen Einheit. Verdrängung und Verleugnung prägen die Gesellschaft bis ins Private hinein, wie die Autorin mit der eigenen Familiengeschichte eindrucksvoll erzählt.

Seit 2015 haben sich die politischen Koordinaten unseres Landes stark verändert – insbesondere im Osten Deutschlands. Was hat die breite Zustimmung zu Pegida, AfD und rechtsextremem Gedankengut möglich gemacht? Ines Geipel folgt den politischen Mythenbildungen des neu gegründeten DDR-Staates, seinen Schweigegeboten, Lügen und seinem Angstsystem, das alles ideologisch Unpassende harsch attackierte. Seriöse Vergangenheitsbewältigung konnte unter diesen Umständen nicht stattfinden. Vielmehr wurde eine gezielte Vergessenspolitik wirksam, die sich auch in den Familien spiegelte – paradigmatisch sichtbar in der Familiengeschichte der Autorin. Gemeinsam mit ihrem Bruder, den sie in seinen letzten Lebenswochen begleitete, steigt Ines Geipel in die "Krypta der Familie" hinab.

Verdrängtes und Verleugnetes in der Familie korrespondiert mit dem kollektiven Gedächtnisverlust. Die Spuren führen zu unserer nationalen Krise in Deutschland.


Buchbeginn

Es liegt Schnee, endlos viel, und ständig kommt neuer dazu. Ich stehe am Fenster und schaue in den Himmel. Wie die Flocken in die Dämmerung stürzen. Wie eine von ihnen taumelt, sich verheddert, mit einer anderen verschmilzt. Wie sie zusammen ein eigenes Muster bilden. Mein kleiner Bruder reißt die Tür auf: Noch eine halbe Stunde, dann hört es auf zu schneien, dann ist es kalt genug, dann geht es los. 

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