Donnerstag, 27. Februar 2025

Käthe Papke

Die Heimatschriftstellerin Käthe Papke (04.07.1872 - 28.11.1951), die als "kleine, vollschlanke" Person beschrieben wurde, kam 1916 mit ihren Eltern nach Wernigerode.

Der Beruf des Vaters, er war Kaufmann, führte die Familie an verschiedene Orte: So wurde Käthe Papke 1872 in Cleveland, Ohio geboren, später zog die Familie nach Elbing, Westpreußen, eine weitere Lebensstation war Berlin.

Käthe Papke konnte eine höhere Töchterschule besuchen. Sie beschäftigte sich "eingehend mit dem Studium alter Geschichte, besonders alter Heimatgeschichte" und "reiste auch viel im Inland und Ausland". Bereits ab 1891 begann Papke sich mit der Schriftstellerei ihren Lebensunterhalt zu verdienen. In den Büchern der Wahl-Wernigeröderin spiegeln sich ihre geschichtlichen Kenntnisse. Mit Titeln wie "Der Einsiedler von Stolberg", "Die Kaiserin von Rauracorum" oder "Fürst Widukind, der Sachsenführer" avancierte sie zu einer der beliebtesten christlichen Autorinnen ihrer Zeit. Ihr größter Erfolg war mit über 100.000 verkauften Exemplaren der Roman "Das Forsthaus im Christianental", einer Erzählung, die im 30jährigen Krieg spielt.

Die unverheiratet gebliebene Autorin lebte nach dem Tod ihrer Mutter 1935 allein und wohnte im Pulvergarten 5.

(Auszug aus Info des Harzer Tourismusverbandes)

Text von Ilona Dahlmann


Bücher

Das Forsthaus im Christianental (1920)


Käthe Papke: Das Forsthaus im Christianental

Buchinfo

Durch den Bergwald oberhalb des Harzstädtchens Wernigerode läuft das romantische Christianental. Hier erstreckt sich um 1600 das Revier des Försters Markendorf. Der gottesfürchtige Mann ist bei Fürsten und Bürgern hoch angesehen, hat er doch als Witwer vier ansehnliche Kinder großgezogen. Der Segen, der auf seinem Hausstand liegt, scheint sich zu vermehren, als die jungen Leute ins heiratsfähige Alter kommen. Gerade Else, die Älteste und seinem Herzen besonders nah, scheint das größte Glück auf Erden gefunden zu haben, als der junge Fürst um ihre Hand anhält. Doch mit all der Hoffnung pocht auch das Leid an die Tür des alten Forsthauses: Es ist das Donnergrollen eines Krieges, der dreißig Jahre lang das Gottvertrauen der Familie auf die Probe stellen wird.

Marguerite Yourcenar

Marguerite Yourcenar war eine französische Schriftstellerin, geb. am 8. Juni 1903 in Brüssel. Geboren wurde sie als Marguerite Antoinette Jeanne Marie Ghislaine Cleenewerck de Crayencour. Ihre Mutter starb im Kindbett, so wuchs Marguerite im französischsprachigen Wallonien auf und begann schon als Jugendliche mit dem Schreiben. Nachdem ihr Vater starb war sie bis zum Ausbruch des Zweiten Weltkriegs ständig auf Reisen und führte ein Nomadenleben.

Neben ihren eigenen Werken (Romanen, Essays, Theaterstücken und Artikel) veröffentlichte Marguerite Yourcenar Übersetzungen von Romanen, Gospels und Kindergeschichten aus Indien vom Englischen sowie von altgriechischen Gedichten ins Französische.

Marguerite Yourcenar war Vegetarierin und setzte sich gegen die Robbenjagd ein. 1980 wurde sie als erste Frau in die Académie française aufgenommen. Sie erhielt viele Preise und Ehrungen. Mehrere Forschungsinstitute in Europa und in den USA befassen sich mit dieser außergewöhnlichen Frau und ihrem Werk.

Am 17. Dezember 1987 starb Marguerite Yourcenar in den USA.


Bücher

Die schwarze Flamme (1968)


Marguerite Yourcenar: Die schwarze Flamme

Übersetzt von Anneliese Hager und René Cheval

Buchinfo

Der Alchimist, Arzt und Philosoph Zenon, der im 16. Jahrhundert lebt und wirkt, trägt die Züge der bedeutendsten Gelehrten und Künstler seiner Zeit: Erasmus von Rotterdam, Leonardo da Vinci und Paracelsus. Er sprengt die Grenzen seiner Zeit, gerät durch seine kühnen naturwissenschaftlichen Experimente und freidenkerischen Schriften in Konflikt mit Kirche und Gesetz und wird schließlich tragisch dafür büßen. Marguerite Yourcenar verschmilzt die Historiographie mit dem Roman und erweist sich ebenso wie in ihrem berühmten Roman "Ich zähmte die Wölfin" als "Meister einer Gattung, die es vor ihr nicht gab". LE MONDE
 

Dienstag, 25. Februar 2025

Kate Chopin

Kate Chopin (08.02.1850 - 22.08.1904) ist vor allem durch ihren Roman "Das Erwachen" (1899) bekannt, der heute zum Kanon der englischsprachigen Literatur zählt.

Geboren wurde sie als Katherina O'Flaherty in St. Louis. Der Vater und ihre Schwester starben während ihrer Kindheit. Mit ihrem Mann, dem Plantagenerben Oscar Chopin lebte sie in New Orleans, wo sie sechs Kinder bekam. Als ihr Mann 1882 starb - Kate Chopin erfüllte in dieser Zeit ihre Rolle als Hausfrau - kehrte sie auf Drängen der Mutter nach St. Louis zurück. Diese starb im folgenden Jahr, was Kate Chopin in eine tiefe Krise stürzte, die sie überwand, als ein befreundeter Arzt ihr riet, mit dem Schreiben zu beginnen. In ihren Gedichten und Prosawerken steht immer wieder die Beziehung zwischen Mann und Frau im Mittelpunkt.

Ein erster Roman wurde 1890 veröffentlicht, viele Kurzgeschichten zuerst in großen Zeitschriften, die dann in zwei Sammelbänden veröffentlicht wurden. Doch je mehr sie sich entwickelte und begann, geltende gesellschaftliche Moralvorstellungen infrage zu stellen, wurde sie von ihrem Verleger stärker zensiert.

Mit ihrem Roman "Das Erwachen" löste sie 1899 einen Skandal aus, da sich die Protagonistin von Mann und Kindern trennt und sie versucht, sich selbst zu verwirklichen, was ihr in dieser Gesellschaft leider nicht gelingt. Kate Chopin erhielt für dieses Werk durchweg vernichtende Urteile, ihre Freundinnen kehrten ihr den Rücken zu und die Buchhandlungen nahmen es aus den Regalen.

Kritisiert wurde vor allem die detaillierten Schilderungen der Liebesaffären der Protagonistin, während es Kate Chopin darauf ankam, den Bewusstwerdungsprozess einer Frau zu zeigen, die es wagte, ihre Pflichten als Ehefrau und Mutter gegen individuelle Freiheit und Selbstbestimmung einzutauschen.

Eine weitere Kurzgeschichtensammlung konnte sie nicht veröffentlichen; so zog sie sich zurück und starb im August 1904 an einer Gehirnblutung.

Sie geriet in Vergessenheit. Erst 1969 erhielt ihr literarisches Schaffen mit einem Gesamtwerk die Anerkennung, die es verdient. Auch in den 1970er und 80er Jahren wurde in zahlreichen Publikationen erneut die Aufmerksamkeit auf ihr Leben und Werk gerichtet. "Das Erwachen" zählt heute als früher Roman der Frauenbewegung. 


Bücher

Das Erwachen (1899)


Kate Chopin: Das Erwachen

Aus dem Englischen von Ingrid Rein

Buchinfo
Kate Chopin (1859 - 1904) hatte zunächst scheinbar alles, was ein Frauenherz begehren kann: einen in jeder Hinsicht großzügigen Ehemann, sechs gesunde Kinder und ein hübsches Haus in einem der vornehmen Viertel von New Orleans. Doch dann starb ihr Mann, und die junge Witwe fing an zu schreiben.
Als ihr Roman 'Das Erwachen' 1899 erschien, erregte er ebenso großes Interesse wie breiteste Ablehnung. Gerühmt wurde ihre makellose stilistische Kunst, verurteilt aber wurde die 'traurige Geschichte einer Dame aus den Südstaaten, die tun wollte, wonach ihr der Sinn stand. Sie wollte es nicht nur, sie tat es auch, mit verheerenden Folgen.' Zeitgenössische Kritiken verurteilten die detaillierte Schilderung der mannigfaltigen und gleichzeitigen Liebesaffären einer Ehefrau und Mutter. Tatsächlich aber geht es Kate Chopin um die Darstellung eines weiblichen Bewusstwerdungsprozesses. Eine Frau wagt den Versuch, ihre Pflichten als Gattin und Mutter gegen individuelle Freiheit und Selbstbestimmung einzutauschen. 

Mittwoch, 19. Februar 2025

Claire Etcherelli

 Eigentlich müsste ich offline gehen und nur lesen, lesen, lesen. Aber dann würdet ihr Autorinnen wie diese verpassen: Claire Etcherelli (11.01.1931 - 05.03.2023), die es erst im Monat ihres Todes in die deutsche Wikipedia geschafft hat. Allerdings nur mit ein paar wenigen Sätzen über ihr Leben. Ins Deutsche übersetzt wurden nur "Elise oder das wahre Leben" und "Clémence". Erschienen vor allem in DDR-Verlagen.

Die französische Schriftstellerin wurde in Bordeaux in ärmlichen Verhältnissen geboren. Der Vater wurde im Zweiten Weltkriegs von den Deutschen verhaftet und 1942 deportiert. Sie lebte beim Großvater im Baskenland und war neun Jahre jung, als ihr Vater hingerichtet wurde. Von der Mutter habe ich keine Informationen gefunden.

Die Regierung finanzierte ihre Ausbildung in einem schicken katholischen Internat in Bordeaux. Doch wegen der Klassenunterschiede fühlte sie sich hier nicht wohl und weigerte sich, ihr Abitur zu machen. Sie brach die Schule ab und heiratete mit 18 Jahren.

Claire Etcherelli arbeitete in den verschiedensten Betrieben, unter anderen in einem Automobilmontagewerk, einem Kugellagerhersteller und nach einem Klinikaufenthalt in einem Tourismusbüro, da sie keine schweren Arbeiten mehr machen konnte. 1975 dann begann ihre schreibende Tätigkeit als Redaktionssekretärin für die Zeitschrift Les Temps.

Zweimal war Claire Etcherelli verheiratet, auch die zweite Ehe hielt nicht. Sie ist Mutter von zwei Söhnen.

"Elise oder das wahre Leben" (1967) war ihr Debütroman. Fünf Verlage hatten ihn ausgeschlagen, bevor Éditions Denoël ihn veröffentlichte und für den sie dann den Prix ​​Femina erhielt. 1970 wurde er auch noch von Michel Drach verfilmt. Im November 1967 erschien eine erste positive Rezension von Claude Lanzmann in Elle, gefolgt von einer zweiten von Simone de Beauvoir in Le Nouvel Observateur.

Die Literaturkritikerin Liz Heron sagte über den Roman: Etcherellis Roman ist bedeutsam, weil er die Spannungen und Widersprüche beschreibt, die das Pariser Leben für Elise, Etcherellis Heldin, Wirklichkeit werden lassen.

In all ihren Büchern erzählt Claire Etcherelli von Frauen aus der Arbeiterklasse und wie sie in den Städten ihr Leben meistern:

In A Propos de Clémence (Über Clémence) (1971) geht es um "die Schwierigkeit, sich selbst zu kennen und die Unmöglichkeit, eine andere Person zu kennen".

In Un Arbre voyageur (Ein reisender Baum) (1978) versuchen zwei Frauen, eine unkonventionelle Familie zu gründen, die keinen Patriarchen hat. Diesen Roman zu schreiben bereitete der Autorin das größte Vergnügen. In der Encyclopedia of Continental Women Writers, Volume 1 steht in einer Rezension zu lesen, dass es uns einen schönen, durchdringenden Bericht über das Leben gewöhnlicher, kluger, intelligenter und unauffällig sensibler Frauen der späten sechziger und frühen siebziger Jahre Frankreichs bietet.

1982 gab Claire Etcherelli noch eine Zusammenstellung poetischer Texte mit dem Titel Delirante (Delirious Woman) raus.


Bücher

Elise oder das wahre Leben


Claire Etcherelli: Elise oder das wahre Leben

Claire Etcherelli verlor mit acht Jahren ihren Vater; er wurde 1942 wegen illegaler Tätigkeit von den Faschisten erschossen. Sie wuchs beim Großvater auf, heiratete sehr jung, gebar zwei Kinder, trennte sich von ihrem Mann, ging nach Paris und verdiente sich ihren Lebensunterhalt in verschiedenen Fabriken, unter anderem bei Citroën, einem der größten Automobilwerke Frankreichs. Die bitteren Erfahrungen aus jener Zeit schrieb sie Anfang der sechziger Jahre in dem Roman "Elise oder das wahre Leben" nieder, diesem erstaunlichen und wahrhaften Buch, für das sich lange kein Verleger fand.

Elise Letellier, eine junge Frau aus der Provinz, folgt ihrem Bruder nach Paris, an das Fließband einer Automobilfirma. Der Lärm in der Werkhalle, das Tempo, zu dem die Arbeiter gezwungen sind, wenn sie nicht ihre Prämie einbüßen wollen, der geringe Lohn, für den sie schuften müssen - das alles wirkt auf sie, die unvorbereitet ist, mit doppelter Wucht. Die Entfremdung des Menschen im Kapitalismus, hier erfährt Elise sie in ihrer ganzen Härte. Sie wird Zeugin der Demütigungen, denen die Nordafrikaner, zumeist ungelernte Arbeitskräfte, ausgesetzt sind. Ihre Liebe zu dem Algerier Arezki, der für die Befreiung seines Vaterlandes kämpft, ist überschattet vor der Angst vor Razzien, Verhaftungen. Elise verliert Arezki - das wahre Leben hat nicht einmal ein Jahr gedauert und ihr großes Leid, aber auch großes Glück gebracht. Als gereifte Frau kehrt sie in ihre Provinz zurück.


Aufbau-Verlag Berlin und Weimar, 1. Auflage 1976

Aus dem Französischen von Erika Wolber

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Sonntag, 16. Februar 2025

Ossip Schubin: Vollmondzauber (1899)

Eine Reise in die dunklen Abgründe der menschlichen Seele und die Mysterien der Romantik im 19. Jahrhundert

Roman in zwei Bänden


Buchinfo

In "Vollmondzauber" entfaltet Ossip Schubin ein mitreißendes literarisches Werk, das die emotionale Tiefe und die mystischen Elemente der menschlichen Erfahrung miteinander verwebt. Die Geschichte spielt in einer von Träumen und Realität durchdrungenen Welt, wo der Vollmond als Katalysator für transformative Erlebnisse dient. Schubins stilistische Präzision und seine Fähigkeit, Stimmungsbilder zu gestalten, verleihen dem Text eine nahezu poetische Qualität, die den Leser in ihren Bann zieht. Durch den Einsatz von Symbolik und metaphysischen Fragestellungen reflektiert die Autorin zentrale Themen wie Liebe, Verlust und Selbstfindung und verleiht dem Werk eine zeitlose Relevanz. Ossip Schubin, eine herausragende Vertreterin der zeitgenössischen Literatur, hat sich durch ihr umfangreiches Werk und ihr Engagement für das geschriebene Wort einen Namen gemacht. Als literarische Forscherin und sensibilisierte Beobachterin der menschlichen Psyche hat Schubin in "Vollmondzauber" ihre persönlichen Erfahrungen und kulturellen Hintergründe in eine fesselnde Erzählung eingewebt. Ihr interkulturelles Wissen und die Auseinandersetzung mit psychologischen Konzepten ermöglichen ihr, komplexe Charaktere zu schaffen, die dem Leser nahegehen. Ich empfehle "Vollmondzauber" jedem Lesebegeisterten, der auf der Suche nach einer tiefgehenden, emotionalen und zugleich magischen Lektüre ist. Schubins meisterhafte Erzählweise und der hypnotische Rhythmus der Geschichte laden dazu ein, in eine Welt einzutauchen, in der die Grenzen zwischen Traum und Wirklichkeit verschwimmen. Ein Buch, das nicht nur unterhält, sondern auch zum Nachdenken anregt.


Buchbeginn

Der Oberst des 32. Dragonerregiments, Baron Stahl, war soeben von einer Inspektion nach Breznitz zurückgekehrt. Die Inspektion hatte in Zdibitz stattgefunden, einem Städtchen, das von Breznitz volle anderthalb Reitstunden entfernt lag, und in dem die vierte Eskadron dieses Regiments garnisoniert war.
  Es war ein kalter, windiger Oktobernachmittag. Die Sonne schien zwar hell, aber sie wärmte nicht, und auf den Straßen lag ein dicker, brauner Brei, in dem die Pferde bis über die Hufe versanken. Der lange Ritt hatte nicht zu den erquicklichsten gehört. Der Oberst fühlte sich, wenn auch nicht müde - welcher flotte Reitersmann würde so etwas zugestehen? - doch immerhin froh, unter Dach zu kommen. Er forderte die ihn begleitenden Offiziere auf, eine Tasse Thee bei ihm zu trinken.

Freitag, 14. Februar 2025

Karin Michaëlis

 Die dänische Journalistin und Schriftstellerin gehört zu den vergessenen Autorinnen. Am 20. März 1872 wurde sie als Katharina Marie Bech-Brondum in Randers geboren. Als Kind schielte sie und wurde erfolgreich von Dr. Gad in Horsens operiert. Mit 20 zog sie nach Kopenhagen, lernte den Schriftsteller Sophus Michaëlis kennen und heiratete ihn. Beide schrieben für den Lebensunterhalt Theaterrezensionen. Nach 29 Jahren wurde die Ehe geschieden und Karin heiratete den amerikanischen Diplomaten Charles Emil Stangeland. Der sah weder ihre literarische noch ihre politische Tätigkeit gerne. Noch dazu, wo sie gerade mit +Das gefährliche Alter (1910) ihren Durchbruch als Autorin erlebte. Auch diese Ehe ging in die Brüche (1917). Eine lebenslange Freundin war ihr die Pädagogin Eugenie Schwarzwald, die sie auf einer Lesereise in Wien kennenlernte. Eine weitere Freundin wurde Helene Weigel, die sie 1919 zum Vorsprechen in der Wiener Volksbühne begleitete und darüber in der Vossischen Zeitung berichtete.

1932 erhielt Karin für ihre karitative Arbeit in Österreich das Ehrenzeichen für Verdienste um die Republik Österreich und den Orden des Weißen Löwen in der Tschechoslowakei.

Karin Michaëlis warnte schon früh vor der Gefahr, die von Hitler und Mussolini ausging und nahm 1932 am Antikriegskongress in Amsterdam teil. Schon ab 1933 nahm sie Emigranten auf ihrem Anwesen auf, u. a. Helene Weigel, Maria Lazar und Bertolt Brecht. Sie selbst emigrierte 1940 nach Amerika und kehrte 1946 nach Dänemark zurück.

In dem Buch "Das gefährliche Alter" schrieb sie über die sexuellen Wünsche einer Frau von 40 Jahren. Es wurde in viele Sprachen übersetzt und mehrfach verfilmt. Auch ihre 1929 bis 1938 entstandene Serie von Büchern über die Entwicklungsgeschichte des Mädchens Bibi wurde sehr erfolgreich. Doch für Neuauflagen hat es bis heute nicht gereicht. Mit einer Ausnahme: „Ein gefährliches Alter“ erschien 2005 im Suhrkamp-Verlag. Und man kann es online lesen:

https://archive.org/details/dasgefhrlichea00michuoft/page/n5/mode/2up

Michaëlis starb am 11. Januar 1950 in Kopenhagen.


Zitate

Die chinesischen Lyriker und Philosophen pflegten ins Exil zu gehen wie die unsern in die Akademie. Es war üblich. Viele flohen mehrere Male, aber es scheint Ehrensache gewesen zu sein, so zu schreiben, daß man wenigstens einmal den Staub seines Geburtslandes von den Füßen schütteln mußte. Ich komme auf die chinesischen Weisen auch deshalb, weil ich Dich auf Thurø mit den Fischern und Studenten reden hörte und weil ich an Deine tausend Geschichten über Land und Leute denke, die Du leider nicht aufschreibst. Aber vielleicht schreibst Du sie in zwanzig oder dreißig Jahren auf, dann werden es zweitausend sein. Sie werden mir nicht ausreichen. - (Bertolt Brecht, Geburtstagsbrief an Karin Michaelis, März 1942)


Bücher

Das gefährliche Alter (1910)

Karin Michaëlis: Das gefährliche Alter (1910)

Aus dem Dänischen von Mathilde Mann
Mit einem Nachwort von Manuela Reichart

Inhalt

Als Elsie Lindtner, vierzigjährig, ins "gefährliche Alter" kommt, verläßt sie ihren Mann und zieht sich in die Einsiedelei zurück. Ohne männliche Häme will sie "die Jahre des Übergangs" leben. Als sie endlich begreift, daß sie in Wahrheit vor der Leidenschaft für einen jüngeren Mann flüchtete, ist es zu spät. Er liebt sie nicht mehr. Und ihr Mann hat sich längst mit einer Jungen getröstet.

Das gefährliche Alter, 1910 erstmals erschienen, wird zu einem literarischen Großereignis. Der Roman wird über 1 Million Mal verkauft. Dreimal wurde das Buch über die "zügellosen Gelüste einer Vierzigjährigen" (BZ am Mittag, 1910) verfilmt. Anfang des 20. Jahrhunderts noch ein Skandal, liest sich Karin Michaëlis' Roman über das "gefährliche Alter" heute wie ein Vademekum für Frauen in jedem Alter.

Buchbeginn

Liebe Lili,

es wäre passender gewesen, wenn ich Dir selbst die Neuigkeit überbracht hätte, um so recht in Deinem Entsetzen zu schwelgen, aber ich konnte mich nicht dazu entschließen.


Zitate

Was nützt all das Reden und Schreiben über die Gleichberechtigung der Geschlechter, solange wir eine von den vier Wochen des Monats Sklaven von etwas sind, das sich nicht überwinden läßt.

Nie vergeß ich den Brief, in dem sie mit wunderlich unsicheren Buchstaben geschrieben hatte: - Wenn Männer ahnten, wie es in uns Frauen aussieht, wenn wir über die Vierzig hinaus sind, sie würden uns fliehen wie die Pest oder uns niederschlagen wie tolle Hunde...

Auf diese Lebensphilosophie hin wurde die Frau eingesperrt. Sie hätte sie für sich behalten und nicht mit Kreide an die Wände ihres Hauses malen sollen. So etwas wird als Beweismaterial für Irrsinn angesehen.

Es sollte ein Klosterorden gegründet werden, im grpßen und munteren Stil der Frauen zwischen Vierzig und Fünfzig. Eine Art Asyl für die Opfer der Übergangsjahre. Denn es kommen ja im Leben einer jeden Frau die Jahre, wo ihr am besten mit einer freiwilligen Einsperrung oder auf alle Fälle mit einer vollständigen Absperrung von dem anderen Geschlecht gedient wäre.

Eine Frau, die es wagt, das Recht des Lebens in den späteren Jahren zu fordern, wird mit Abscheu betrachtet.

Am alten Markt war der Sonntag nicht besser. Dort hatte ich Richard vom frühen Morgen an. Es ist schlimm, sich allein zu langweilen... aber schlimmer, wenn man zu zweien ist. Daß Richard es doch niemals gemerkt hat! Er kam mir vor wie eine mahlende Mühle, wenn er sprach, und mir stäubte das Mehl in die Augen.


Donnerstag, 13. Februar 2025

Gisela Steineckert: Gesichter in meinem Spiegel (1977)

Ich habe ja schon viele wunderbare Bücher - Biografien, Romane - gelesen, aber sprachlich ist noch niemand an Gisela Steineckert rangekommen. Das ist natürlich nur meine persönliche Meinung. 

Trotzdem: Falls jemand eine DDR-Schriftstellerin entdecken möchte, ich empfehle ihr Buch "Gesichter in meinem Spiegel". Es kann gut sein, dass nicht jedes Porträt gefällt, aber sprachlich ist es ein Genuss. Ich habe so viele Passagen rausgeschrieben, hier zeige ich mal nur vier zum neugierig machen.


Klappentext

Neugier auf den anderen und zugleich verständnisvolle Sympathie für den Freund, für den näher oder ferner stehenden Bekannten kennzeichnen die Porträts von Gisela Steineckert. Sie stellt Begegnungen dar, die sie berührt haben, sie ist nicht unbeteiligt, nicht neutraler Aufzeichner fremder Lebensläufe. Diese persönliche Nähe macht es ihr möglich, lebendig und reizvoll zu erzählen, sei es über die Kurzbekanntschaft mit dem Sänger Adamo oder die tiefere menschliche Beziehung zu dem Schriftsteller Peter Edel. So ist ein Band entstanden, der Menschen unterschiedlichster sozialer und geographischer Herkunft zeigt aus der Sicht einer Frau, deren eigenes Lebenskonzept sich in den Porträtierten spiegelt.


Buchbeginn

Ich stehe vor dem Bild und liebe es. Vielleicht ist es eines der besten Porträts, die in den letzten zehn Jahren gemalt worden sind.


Zitate

[1948] Joachim meinte, daß eine Frau dazu da sei, sich für den Mann schön zu machen. Sie muß klug sein, um ihn zu verstehen, aber sie darf mit ihrer Klugheit nicht protzen, es muß eine stille unaufhörliche, heitere Klugheit sein. Sie muß gewandt sein, um sich neben ihm zu bewegen, treu, damit er im Existenzkampf furchtlos sein kann, sie muß äußerst zurückhaltend und dabei voller Hingabe sein. Joachim sagte: ,Die Frau, die ein Mann heiratet, muß mehr sein als andere Frauen. Wenn ein Mann das will, dann muß er sich eben hin und wieder bei Weibern austoben. Bei solchen, die mitmachen. Die sich alles bieten alles. Dinge, die ein Mann niemals bei seiner Frau auch nur andeuten würde.'


Daß ich alt war, habe ich immer erst gemerkt, wenn ich wieder jünger geworden bin. Ich ertappe mich bei diesem Satz und weiß, daß er falsch ist. Ich bin nicht jünger geworden, sondern aus einer besonders schlechten Form wieder zu einer besseren Form gelangt. Ich gebe zu, daß ich mir wieder eingefallen bin, wenn ich gefallen wollte. Dann habe ich mich auf einmal gesehen, wie ich gerade war, und wußte, wie ich sein könnte. Weil es für jemanden war und nicht nur für mich, habe ich die Mühe aufgebracht und sie nicht als Mühe empfunden. Immer dann habe ich mich äußerlich verändert, aber die eigentliche Veränderung kam von innen. Die Kosmetik konnte nicht das Vergnügen ersetzen, das die Mundwinkel hob und die Augen putzte. Ich hatte wieder Lust, mir etwas zu schenken, und ich behandelte mich selber so, wie ich gern behandelt werden wollte.


In diesem Wald hatte er die Axt gehoben, hatte mit dem Körper den Anprall aufgefangen und die Fallrichtung des Baumes bestimmt. Keiner der Bäume, die er in den Jahrzehnten fällte, hat ihn erschlagen, aber der Wald hat sich den Mann dennoch allmählich geholt und sich selber ähnlich gemacht: knorrig, wurzlig, wunderlich.


Überblick, Sachlichkeit und Abstand gehören dazu, wenn man Kunst machen will. Ich kann mir denken, daß mancher spontan behauptet, den Frauen wären in den letzten dreißig Jahren in der Literatur schon unvergeßliche männliche Gestalten gelungen. Ich habe das ausprobiert, es fällt nur keinem Befragten eine solche unvergeßliche Figur ein. Das macht nichts. Es ist zu früh. Jahrhundertealter Groll führt uns die Feder, wenn wir über den Mann schreiben. Wir werden ihm noch nicht gerecht. Wir haben ihm nicht so viel angetan.


Verlag Neues Leben Berlin 1977

 

Gisela Steineckert

 Gisela Steineckert wurde am 13. Mai 1931 in Berlin als Tochter eines Dienstmädchens und eines Schneiders geboren. Sie wurde während des Zweiten Weltkriegs nach Österreich evakuiert; hier besuchte sie eine Volksschule und lebte das erste Mal ohne Angst vor Hunger und Schlägen. Sie kehrte 1946 nach Berlin zurück und arbeitete in Kindergärten als Sozialhelferin; es folgten eine kaufmännische Lehre und die Tätigkeit als Sprechstundenhilfe. Sie las und informierte sich über Naziverbrechen, wodurch sich eine antifaschistische Haltung bildete.

Gisela Steineckert bildete sich literarisch und kulturell autodidaktisch weiter. Die Eltern und Geschwister siedelten 1953 in die BRD über. Seit 1957 war sie zumeist freischaffend tätig. In den 1960er Jahren war sie Kulturredakteurin beim Satire-Magazin Eulenspiegel, war Mitglied des Bezirksvorstandes Berlin des Schriftstellerverbandes der DDR und begann mit der Arbeit in der Singebewegung. Von 1984 bis 1990 war sie Präsidentin des Komitees für Unterhaltungskunst in der DDR. Sie war Gremienmitglied des Zentralen Lektorats beim Staatlichen Komitee für Rundfunk der DDR und hatte so Zensur-Einfluss auf Pop- und Rocktexte und stellte sich u. a. gegen Titel der Gruppe Pankow.

1987 erschien das Lied "Als ich fortging" der Band Karussell, dessen Text von ihr stammt. Seit 1990 ist sie ehrenamtliche Vorsitzende des Demokratischen Frauenbundes e.V.

Gisela Steineckert lebt in Berlin; ist in dritter Ehe mit Wilhelm Penndorf, einem ehemaligen Rundfunk-Chefredakteur für Musik, verheiratet. Die Schriftstellerin Kirsten Steineckert ist ihre Tochter aus erster Ehe. In zweiter Ehe war sie mit Heinz Kahlau verheiratet.

Sie schrieb Bücher (Lyrik, Kurzprosa, Briefe) und verfasste viele Liedtexte (Schlager, Chansons, Kinderlieder, Rockmusik) für unterschiedliche Interpreten und arbeitete an Filmen der DEFA mit.

Gisela Steineckert ist eine aktive Unterstützerin und Beiträgerin der linken Tageszeitung Junge Welt, an deren „Künstlerkonferenz“ im Juni 2019 sie mit Volker Lösch, Konstantin Wecker, Chris Jarrett, Black Heino u. a. teilnahm, und gehört zu den ständigen Autoren der linken Zeitschrift RotFuchs.

"Atme" mit Dirk Michaelis


Bücher

Gesichter in meinem Spiegel (1977)